Quod erat demonstrandum

Man wünschte, … da wäre mehr!

Wir sehen eine Kalligraphie mit dem Inhalt:

Quod erat demonstrandum

Man gewinnt leicht den Eindruck, dass diese antike Floskel schnell und oft im Sinne – was zu beweisen wäre- gebraucht wird. Aber im genauen Wortlaut entspricht es dem nicht.

Euklid, ein berühmter Mathematiker und der ebenso bekannte Archimedes, haben im antiken Griechenland diesen Satz verwendet, um ihre mathematischen Beweise, vornehmlich die der Geometrie abzuschließen.

Natürlich schrieb Euklid dies nicht in Latein, sondern formulierte im Altgriechischen:

Ὅπερ ἔδει δεῖξαι.

Hoper edei deixai.

(Sinngemäß übersetzt: was zu beweisen war.)

Und auch die bekanntere lateinische Form

„QUOD ERAT DEMONSTRANDUM“

Meint wörtlich, was zu zeigen war, aber wird wie das Altgriechische mit was zu beweisen zu war übersetzt.

Darüber hinaus trifft man auch immer wieder ähnlich lautende Sätze wie „quo errat demonstrator“ (übersetzt: worin sich der Beweisende irrt) oder „quod est dubitandum“ (übersetzt: was anzuzweifeln ist), wenn solche Beweise einen scheintbar nicht so glücklichen Verlauf nehmen.

Die Konstruktion

Soweit zur Herleitung des Inhalts die Kalligraphie, die in ihrem ganzen Erscheinungsbild in passender Weise sehr antiquiert erscheinen mag. Zunächst ist augenfällig, dass die drei Wörter der Kalligraphie ins Quadrat gesetzt wurden und gleichsam wie die Diagonalen und Kreise dieses einzuteilen scheinen. Der Beweis erscheint selbstähnlich, so als würde eine sich selbst kontrollierende geometrische Konstruktion anschauen, ähnlich dem Sechseck in einem Kreis, welches bekanntlich im Abtragen des Radius auf dem Kreisumfang erzeugt wird. Im nächsten Moment verwäscht die Lavierung der Strichzeichnung das Ergebnis wieder und bringt genau die Unschärfe in unsere Beweise hinein, weswegen wir nicht aufhören würden weiterzusuchen und immer mehr und genau dem Phänomen auf den Grund zu gehen. Schließlich erscheint das Quod erat demonstrandum äußerst spektakulär wie ein begründendes Schlaglicht auf dieser Konstruktion, so als würde es sagen: „Aber das musste man doch wirklich beweisen, das ging doch nicht anders, es ist so wichtig, das genau zu wissen“

Das Detail

Es sind oftmals die kleinen unscheinbaren Dinge am Rande, die uns in dem weiterbringen, was wir suchen. Hier ist es ein kleiner Kreis, welcher Links der senkrechten Mitte auf halber Höhe der Zeichnung auftaucht, als würde er vor einem Horizont schweben. Schweben? Ja, genau, eigentlich sind es die Diagonalen, die selbst zweidimensional, das flache Quadrat teilen. Bis hierher ist nichts anderes passiert, als dass in einer bestimmten Dimension Teilung vorgenommen wurden, um die Verhältnisse zu verstehen. Ein Teilen und Herrschen der Geometrie. Aber diese Kalligraphie nutzt das Überkreuzen dieser Diagonalen, um aus dem sich daraus entwickelnden schrägen Viereck ein Quadrat in der Perspektive zu interpretieren. Darin kann man bekanntlich, und zwar so, wie man es bei einem genaueren Hinschauen an den im schrägen, kleinen Quadrat eingezeichneten Linien erkennt, einen Kreis in der Perspektive konstruieren. Und genau das ist, was wir in dieser Kalligraphie erkennen können, nämlich einen kleinen perspektivischen Kreis in einer an und für sich zweidimensionalen Zeichnung. Ein Hinweis zu einer höheren Dimension. Es ist eben nicht alles so, wie es im ersten Moment erscheint. In uns bisher bekannten Bildern stecken Details, die auf Welten verweisen, die unter, über oder hinter dem liegen, was wir als bekannt und normal betrachten würden. Es wäre also möglich, das da mehr wäre und wir mit unserem Wunsch danach nicht falsch liegen.

Der Wunsch.

Wir Menschen sitzen nicht einfach da und warten darauf, bis irgendetwas vorüber ist. Wir wollen mehr, die Dinge um uns herum verstehen, sie beherrschen und Einfluss nehmen. Wir möchten Selbstwirksamkeit erfahren und wissen, warum wir da sind und wünschen uns doch, dass wir Sinn machen. Manchmal denken wir, dass wir alles haben, es geht uns doch gut und alles ist am Platz, dort wo es hingehört, wir können beruhigt sein, alles hat seine Ordnung und dennoch stört uns etwas, eine Frage: Ist das alles, also soweit ich jetzt schauen kann, von hier bis da im Quadrat meines Seins gefangen? Ein Quadrat, das ich zwar beherrsche und alles unter Kontrolle habe, aber ja, es wäre besser, wenn da noch etwas anderes wäre, etwas wofür nicht ich allein der Grund bin. Etwas für das es sich lohnt, all das zu tun. Und das gilt es zu erforschen, danach zu suchen, es schließlich zu finden, es zu zeigen mit anderen zu teilen und zu schreiben qoud erat demonstrandum. Denn auf dem Grund unserer Seele steht geschrieben: Wir wünschten uns, da wäre mehr!